Die Reise führte mich u.a. nach Wehnen, Lüneburg, Bergen-Belsen, Esterwegen, Moringen, Rehburg-Loccum, Marienborn, Bückeberg, Augustaschacht und zur DIZ Emslandlager. Jede dieser Stationen brachte berührende, bestürzende und erkenntnisreiche Eindrücke mit sich. Einige Schlaglichter:
In Wehnen und Lüneburg wurde das Ausmaß nationalsozialistischer „Euthanasie“-Verbrechen sichtbar – und das lange gesellschaftliche Schweigen danach. Der Einsatz der Trägervereine für historische Aufarbeitung und Bildungsarbeit verdient höchste Anerkennung.
Die Gedenkstätte Bergen-Belsen verdeutlicht die Grausamkeit und systematische Entmenschlichung der Konzentrationslager. Gleichzeitig sind die Herausforderungen dort exemplarisch: Wie macht man Geschichte greifbar, wenn Gebäude fehlen? Wie gelingt zeitgemäße Vermittlung?
In Moringen beeindruckte mich besonders die Vielfalt der Bildungsarbeit, die inklusive, partizipative und internationale Perspektiven verbindet – aber zunehmend an Kapazitätsgrenzen stößt.
Am Lernort Bückeberg wird deutlich, wie wichtig es ist, nicht nur Opfer- sondern auch Täterorte zu beleuchten – und welche Rolle Inszenierung, Propaganda und Verführung im Nationalsozialismus spielten.
Der Lehrpfad der Stolpersteine in Rehburg-Loccum zeigt, wie lokal und konkret Erinnerungsarbeit sein kann – mit biografischen Zugängen, die Geschichte greifbar machen.
Die Gedenkstätte Marienborn, als Ort der deutsch-deutschen Teilung, macht deutlich: Erinnerung endet nicht 1945. Sie muss auch die Zeit nach dem Nationalsozialismus und die Konflikte der Nachkriegsgeschichte umfassen.
Die Tour hat mir einmal mehr gezeigt: Die Gedenkstättenlandschaft in Niedersachsen ist vielfältig, engagiert – aber strukturell unterfinanziert. Viele Einrichtungen arbeiten ehrenamtlich oder auf Projektbasis, ohne langfristige Sicherheit. Das ist angesichts der Bedeutung ihrer Arbeit nicht hinnehmbar.
Ich fordere deshalb eine Verstetigung der Mittel aus der politischen Liste (1,2 Mio. € jährlich) in der mittelfristigen Finanzplanung des Landes. Nur so können Gedenkstätten wie Moringen, Esterwegen, der Bückeberg, die Augustaschacht-Gedenkstätte oder die Lüneburger Euthanasie-Gedenkstätte dauerhaft arbeiten, planen und ihre Angebote weiterentwickeln.
Gedenkstätten sind keine Museen. Sie sind Bildungsorte, Forschungsorte, Diskursräume. Sie sind Orte der Auseinandersetzung mit Gewalt, mit Schuld, mit Verantwortung – und sie geben Impulse für eine demokratische, offene Gesellschaft.
Erinnern bedeutet: sich einmischen. Haltung zeigen. Lernen. Nie wieder zur Phrase verkommen lassen.
Ich danke allen Mitarbeitenden, Ehrenamtlichen, Initiativen und Trägervereinen für die Gespräche, Einblicke und das Vertrauen. Die Ergebnisse dieser Sommertour nehme ich mit in meine politische Arbeit – für eine lebendige, kritische und zukunftsfähige Erinnerungskultur in Niedersachsen.